Montag, 19. Februar 2007
Entwicklungshilfe
zampano, 10:36h
Wir waren auf der Farm eines Bekannten im Hinterland Togos. Rinder, Schweine, Ziegen und einige Sträuße bildeten hier einen für togolesische Verhältnisse recht großen Betrieb und waren die einzige Arbeitsmöglichkeit für das benachbarte Dorf. Der Besitzer war sich seiner Verantwortung durchaus bewusst und versuchte eine gewisse private Entwicklungshilfe für dieses Dorf zu leisten.
Im Laufe der Jahre richtete er ihnen eine Schule, ein Krankenhaus mit Arzt und, als letztes Projekt, ein Fußballfeld mit Toren ein.
Man könnte jetzt denken, die Dorfeinwohner müssten ihrem Spender dankbar sein – Da kennt man aber die Beschwerdefreudigkeit der Einwohner schlecht.
Zum Beispiel die Sache mit dem Fußballfeld.
Fußball ist nun mal DAS Spiel in Afrika und überall werden ballförmigen Lumpensäcken oder Dosen von Kindern und Jugendlichen in zerrissenen T-Shirts und mit zerfetzten Gummilatschen oder dem nackten Fuß durch den Sand getreten. Tore sind meist wie damals auf dem Schulhof nur durch kleine Markierungen zu erkennen.
Darum dachte sich unser Gastgeber, ein Fußballfeld wäre ’ne klasse Idee.
Nach dem das Areal für das Fußballfeld großflächig von Büschen gerodet, anschließend planiert und die beiden Tore aufgestellt wurden, war er sehr zufrieden mit seiner Arbeit.
Am nächsten Tag stand der Dorfrat vor der Tür und verlangte eine Sitzung.
Wie man denn von den Fußballspielern des Dorfes erwarten könne auf dem neuen Platz zu spielen, wenn sie doch gar keine Fußballschuhe, Trikots und vernünftige Bälle hätten. Das würde ja wohl nicht so gehen.
Gut, also beschaffte der Farmbesitzer Trikots und Schuhe und lud außerdem noch einige Fußballspieler der Nationalmannschaft aus der Hauptstadt Lomé ein, um ein freundschaftliches Eröffnungsspiel gegen die Dorfmannschaft zu spielen.
Es wurde gespielt und sicherlich ging es heiß her dabei.
Anschließend wurde den Spielern aus Lomé aus Dank noch ein Essen serviert und dann wieder in die Hauptstadt zurück gefahren. Friede, Freude, Eierkuchen?
Am nächsten Tag stand wiederum der Dorfrat vor der Tür.
Man hätte erfahren, den Spielern aus Lomé wurde ein Mahl bereitet! Das wäre ja wohl eine Frechheit, die Spieler aus dem Dorf wären dazu nicht eingeladen worden. Das ganze Dorf brodele vor Empörung und man verlange eine Entschuldigung….
Die Krankenhausgeschichte war auch problematisch. Das Gebäude wurde errichtet und ein Arzt angefordert. Der neu eingestellte Arzt wies eine Approbation einer russischen oder georgischen Universität vor und begann seine Arbeit.
Nach einiger Zeit wurde auffällig, dass immer weniger Dorfeinwohner zum Krankenhaus gingen um sich behandeln zu lassen. Dies hätte natürlich ein Zeichen für weniger Krankenfälle sein können, kam dem Farmbesitzer aber komisch vor. Er sprach mit dem Dorfrat, welcher ihm erzählte, dass die Patienten meist kränker wieder aus dem Krankenhaus kamen als sie vorher waren und die Menschen daher lieber wieder zu ihren Hexern und Wunderheilern gehen würden.
Weitere Nachforschungen erhärteten den Verdacht, dass der Arzt gar kein Arzt und die Approbationsurkunde eventuell nur eine Fälschung war.
Daraufhin sind wir allesamt in die Provinzhauptstadt gefahren, um eine Audienz beim Regionsoberhaupt zu bekommen.
Dessen Residenz war ein typisches flachdachiges Betonhaus mit einem Hof und von einer hohen weiß getünchten Mauer umgeben. Im Schatten der Mauern des Hofes, unter den spärlichen Bäumen und auf der Terrasse drängten sich die Menschen in ihren besten Kleidern, um ihre privaten Probleme dem Chef vorzutragen. Der dortigen Arbeitsgeschwindigkeit nach zu urteilen, müssen die bestimmt tagelange Wartezeiten in Kauf genommen haben.
Wir wurden an allen Wartenden vorbeigelotst und direkt vor der Einganstür zum Arbeitszimmer des Bosses zu kurzer Geduld aufgefordert, während der Angestellte in den Raum huschte. Kurz danach durften wir eintreten.
Der recht kleine Raum war fast vollständig abgedunkelt und nur von der Neonröhre und etwas spärlichem Licht durch Fensterschlitze beleuchtet. Den Raum beherrschend stand eine Sitzgruppe aus dicken, etwas speckigen Synthetikledersesseln und einem Sofa, um einen kleinen Tisch, in denen sich zwei Vertraute des Chefs lümmelten. Seitlich davon stand ein schwerer Schreibtisch, hinter dem auf einem ordentlichen Chefsessel der Regionsboss saß. Vor dem Schreibtisch waren drei Stühle aufgebaut und auf einem von denen saß der etwas zierliche, intellektuelle „Berater“ des Chefs. Seine eigentliche Funktion schien aber Arschkriecher und Schleimscheisser zu sein.
Der Chef selber entsprach so ziemlich allen Klischees die man von afrikanischen Regionaldespoten haben könnte. Massiger Körperbau, herablassende und abgebrühte Mimik, dicke Kette um den Hals und natürlich die obligatorische, getönte, 70er Jahre Panoramabrille die fast alle etwas dubiosen höheren Tiere in Afrika oder Asien tragen.
Er war freundlich, schließlich kannte er unseren Gastgeber wohl recht gut, bedeutete uns Platz zu nehmen und hörte sich das Problem an. Danach wurde bedächtig überlegt, wie man die Sache angehen könnte und jede Feststellung des Chefs wurde von eifrigem, wichtigtuerischem und bestätigendem Kopfnicken bzw. Ja-Sagens des Schleimscheissers bedacht. Es wurden noch kalte Getränke gereicht und ein paar private Gespräche geführt, bis dann schließlich unsere Zeit abgelaufen war und der Herr mit der Sonnenbrille vielsagend meinte, er würde sich um den Arzt und das Problem kümmern…
Bei solchen Aussagen aus Mündern von solchen Leuten, fragt man sich natürlich was das wohl bedeutet.
Im Laufe der Jahre richtete er ihnen eine Schule, ein Krankenhaus mit Arzt und, als letztes Projekt, ein Fußballfeld mit Toren ein.
Man könnte jetzt denken, die Dorfeinwohner müssten ihrem Spender dankbar sein – Da kennt man aber die Beschwerdefreudigkeit der Einwohner schlecht.
Zum Beispiel die Sache mit dem Fußballfeld.
Fußball ist nun mal DAS Spiel in Afrika und überall werden ballförmigen Lumpensäcken oder Dosen von Kindern und Jugendlichen in zerrissenen T-Shirts und mit zerfetzten Gummilatschen oder dem nackten Fuß durch den Sand getreten. Tore sind meist wie damals auf dem Schulhof nur durch kleine Markierungen zu erkennen.
Darum dachte sich unser Gastgeber, ein Fußballfeld wäre ’ne klasse Idee.
Nach dem das Areal für das Fußballfeld großflächig von Büschen gerodet, anschließend planiert und die beiden Tore aufgestellt wurden, war er sehr zufrieden mit seiner Arbeit.
Am nächsten Tag stand der Dorfrat vor der Tür und verlangte eine Sitzung.
Wie man denn von den Fußballspielern des Dorfes erwarten könne auf dem neuen Platz zu spielen, wenn sie doch gar keine Fußballschuhe, Trikots und vernünftige Bälle hätten. Das würde ja wohl nicht so gehen.
Gut, also beschaffte der Farmbesitzer Trikots und Schuhe und lud außerdem noch einige Fußballspieler der Nationalmannschaft aus der Hauptstadt Lomé ein, um ein freundschaftliches Eröffnungsspiel gegen die Dorfmannschaft zu spielen.
Es wurde gespielt und sicherlich ging es heiß her dabei.
Anschließend wurde den Spielern aus Lomé aus Dank noch ein Essen serviert und dann wieder in die Hauptstadt zurück gefahren. Friede, Freude, Eierkuchen?
Am nächsten Tag stand wiederum der Dorfrat vor der Tür.
Man hätte erfahren, den Spielern aus Lomé wurde ein Mahl bereitet! Das wäre ja wohl eine Frechheit, die Spieler aus dem Dorf wären dazu nicht eingeladen worden. Das ganze Dorf brodele vor Empörung und man verlange eine Entschuldigung….
Die Krankenhausgeschichte war auch problematisch. Das Gebäude wurde errichtet und ein Arzt angefordert. Der neu eingestellte Arzt wies eine Approbation einer russischen oder georgischen Universität vor und begann seine Arbeit.
Nach einiger Zeit wurde auffällig, dass immer weniger Dorfeinwohner zum Krankenhaus gingen um sich behandeln zu lassen. Dies hätte natürlich ein Zeichen für weniger Krankenfälle sein können, kam dem Farmbesitzer aber komisch vor. Er sprach mit dem Dorfrat, welcher ihm erzählte, dass die Patienten meist kränker wieder aus dem Krankenhaus kamen als sie vorher waren und die Menschen daher lieber wieder zu ihren Hexern und Wunderheilern gehen würden.
Weitere Nachforschungen erhärteten den Verdacht, dass der Arzt gar kein Arzt und die Approbationsurkunde eventuell nur eine Fälschung war.
Daraufhin sind wir allesamt in die Provinzhauptstadt gefahren, um eine Audienz beim Regionsoberhaupt zu bekommen.
Dessen Residenz war ein typisches flachdachiges Betonhaus mit einem Hof und von einer hohen weiß getünchten Mauer umgeben. Im Schatten der Mauern des Hofes, unter den spärlichen Bäumen und auf der Terrasse drängten sich die Menschen in ihren besten Kleidern, um ihre privaten Probleme dem Chef vorzutragen. Der dortigen Arbeitsgeschwindigkeit nach zu urteilen, müssen die bestimmt tagelange Wartezeiten in Kauf genommen haben.
Wir wurden an allen Wartenden vorbeigelotst und direkt vor der Einganstür zum Arbeitszimmer des Bosses zu kurzer Geduld aufgefordert, während der Angestellte in den Raum huschte. Kurz danach durften wir eintreten.
Der recht kleine Raum war fast vollständig abgedunkelt und nur von der Neonröhre und etwas spärlichem Licht durch Fensterschlitze beleuchtet. Den Raum beherrschend stand eine Sitzgruppe aus dicken, etwas speckigen Synthetikledersesseln und einem Sofa, um einen kleinen Tisch, in denen sich zwei Vertraute des Chefs lümmelten. Seitlich davon stand ein schwerer Schreibtisch, hinter dem auf einem ordentlichen Chefsessel der Regionsboss saß. Vor dem Schreibtisch waren drei Stühle aufgebaut und auf einem von denen saß der etwas zierliche, intellektuelle „Berater“ des Chefs. Seine eigentliche Funktion schien aber Arschkriecher und Schleimscheisser zu sein.
Der Chef selber entsprach so ziemlich allen Klischees die man von afrikanischen Regionaldespoten haben könnte. Massiger Körperbau, herablassende und abgebrühte Mimik, dicke Kette um den Hals und natürlich die obligatorische, getönte, 70er Jahre Panoramabrille die fast alle etwas dubiosen höheren Tiere in Afrika oder Asien tragen.
Er war freundlich, schließlich kannte er unseren Gastgeber wohl recht gut, bedeutete uns Platz zu nehmen und hörte sich das Problem an. Danach wurde bedächtig überlegt, wie man die Sache angehen könnte und jede Feststellung des Chefs wurde von eifrigem, wichtigtuerischem und bestätigendem Kopfnicken bzw. Ja-Sagens des Schleimscheissers bedacht. Es wurden noch kalte Getränke gereicht und ein paar private Gespräche geführt, bis dann schließlich unsere Zeit abgelaufen war und der Herr mit der Sonnenbrille vielsagend meinte, er würde sich um den Arzt und das Problem kümmern…
Bei solchen Aussagen aus Mündern von solchen Leuten, fragt man sich natürlich was das wohl bedeutet.
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ericpp,
Montag, 19. Februar 2007, 16:47
Der Quacksalber wird schon bekommen haben was er verdient.
Aber Die Trikotgeschichte ist wirklich toll - daß der Gönner nicht spontan seine Liebe zu den Bäumen wiederentdeck und spontan eine Wiederaufforstungsaktion gestartet hat....
Aber Die Trikotgeschichte ist wirklich toll - daß der Gönner nicht spontan seine Liebe zu den Bäumen wiederentdeck und spontan eine Wiederaufforstungsaktion gestartet hat....
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zampano,
Dienstag, 20. Februar 2007, 15:05
Mir wäre da glaube ich auch irgendwann die Hutschnur geplatzt.
Wenn ich mir recht entsinne, hatte aber auch er nur noch drüber gelacht und sich beileibe nicht zu einer Entschuldigung drängen lassen.
Wenn ich mir recht entsinne, hatte aber auch er nur noch drüber gelacht und sich beileibe nicht zu einer Entschuldigung drängen lassen.
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biochomiker,
Dienstag, 20. Februar 2007, 16:32
Interessante Geschichte. Eigentlich sind Menschen mit so einer Geduld bewundernswert. Mir wäre das schon lange zuviel gewesen.
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sunny5,
Dienstag, 20. Februar 2007, 16:40
danke. seltsam oder, wie sich die klischees immer wieder bewahrheiten (despot, sonnenbrille...und die trikotgeschichte)
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